Abschnittsübersicht

  • In diesem Kurs soll Dir ein kleiner Einblick in die Welt der Frakturschrift gegeben werden. Du erfährst, was Fraktur ist, wie es sich in der Geschichte entwickelt hat, lernst Fraktur zu lesen und die Schwierigkeiten zu meistern, die das Lesen von Frakturschriften birgt. Am Ende kannst Du Dein neu erlerntes Wissen in einem Quiz unter Beweis stellen.


    Der Ausdruck Fraktur ist vom lateinischen Wort für „Bruch“ abgeleitet und besagt, dass die aus der Antike stammenden runden Linien der Buchstaben gebrochen wurden. Diese Entwicklung setzte bereits zu Beginn des 13. Jahrhundert ein und hat seine Wurzeln in der Architektur, wo die romanischen Rundbögen „gotisch“ gebrochen wurden. Hauptmerkmale sind die rautenförmig gebrochenen Teilstriche und Aufschwünge bei den Großbuchstaben, die als „Elefantenrüssel“ bekannt sind.

    Des Weiteren wird der Begriff in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet: zum einen sind damit Schriften gemeint, die seit dem 16. Jahrhundert entstanden sind. Zum anderen ist Fraktur der Oberbegriff, mit dem alle gebrochenen Druckschriften bezeichnet werden. Die Frakturschriften sind nach deutscher Norm (DIN 16518) wie folgt aufgeteilt:

    • Gotisch (Textura)Gebrochene Schriften
    • Rundgotisch (Rotunda)
    • Schwabacher (Spätgotische Fraktur)
    • Fraktur
    • Fraktur-Varianten

    In der deutschen Kalligraphie zählen auch die deutsche Handverkehrsschrift „Kurrentschrift“ sowie die preußische Handschrift „Sütterlinschrift“ zu den Gebrochenen Schriften.


  • Ausschnitt aus der 42-zeiligen GutenbergbibelDie erste gotische Schrift entstand Mitte des 15. Jahrhunderts in Nordfrankreich. Johannes Gutenberg nutzte diese als erste Druckschrift des Westens für seine 42-zeilige Bibel im Jahr 1455. Ein Ausschnitt ist in Abbildung 2 zu sehen.

    Circa 20 Jahre später erschien die zweite gebrochene Schriftgruppe, die Schwabacher. Ob diese Schrift wirklich aus dem fränkischen Schwabach kommt, ist nicht endgültig geklärt. Expert*innen vermuten, dass die Schrift auf ein „Konvent zu Schwabach“ zurückzuführen ist. Beliebtheit erlangte die Schwabacher gebrochene Schrift vor allem durch die Ausgaben und Nachdrucke der Luther-Bibel.

    Die vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts wohl meistgedruckte Schrift sind die Frakturschriften. Nach einem Auftrag von Kaiser Maximilian I. schuf der Schriftkünstler Leonhard Wagner die Frakturschrift, die im Gegensatz zu der Schwabacher und dem Gotischen moderner und eleganter sein sollte. Sie sollte außerdem keine Elemente, der zur gleichen Zeit in Italien auftauchenden Antiqua, aufweisen. Deutsche Renaissancekünstler dieser Zeit wie Albrecht Dürer nutzen dieses neue Schriftbild in ihren Arbeiten und verhalfen ihr damit zu einer gewissen Popularität. Etabliert wurde die Frakturschrift als „deutsche“ Schrift“ in der Reformation. Deutschsprachige, protestantische Flugblätter wurden in Fraktur gedruckt, lateinische, katholische in Antiqua. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich die Fraktur in verschiedenen Varianten weiter. Je nach politischer Lage wurde sie als altertümlich verteufelt oder als patriotische Ausdrucksform gepriesen. 

    Bis ins 20. Jahrhundert wurden die meisten deutschen Bücher jedoch weiterhin in Fraktur gedruckt. Der Trend des weltgeöffneten deutschen Schriftbildes in Antiqua, dass sich in der Wissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts anbahnte, nahm mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 ein abruptes Ende. Fraktur wurde im nationalsozialistischen Deutschland als deutsche Kultur gepriesen und viele Varianten der Frakturschrift sind im Nationalsozialismus entstanden. Kurios erscheint daraufhin, dass es Hitler selbst war, der 1941 der Fraktur ein jähes Ende bereitete. Er ließ die Fraktur abschaffen, indem man sie als „undeutsch“ und von „jüdischem Ursprung“ erklärte. 

    Heute findet man Frakturschriften vor allem noch auf Tageszeitungen oder in traditionellen Handwerksbetrieben oder Gaststätten. Aus dem inhaltlichen Druck oder aus Schulbüchern ist sie annährend komplett verschwunden. 


  • Alphabet einer Frakturschrift

    Frakturschriften in ihren vielen Formen und Varianten sind im Gegensatz zu der heutigen Druckschrift teilweise deutlich unterschiedlich. Insbesondere die Großbuchstaben, die in der deutschen Sprache eine doch sehr besondere Funktion innehaben, sind sehr ausgeschmückt und lassen sich nicht immer gut auseinanderhalten. Das obenstehende Alphabet in Abbildung 3 soll erst einmal als Übersicht dienen und beim späteren Lesen helfen Schwierigkeiten zu überwinden.

    Im Folgenden schauen wir auf besondere Auffälligkeiten und Tücken, die manche Buchstaben der Frakturschrift aufweisen.



    a) Die Kleinbuchstaben


    aufweisen




    Das „f“ und das „s“
    Im Wort aufweisen sind die Buchstaben „s“ und „f“ schwierig zu unterscheiden. Sie sehen fast identisch aus - das „f“ hat allerdings noch einen längeren Mittelstrich nach rechts.


    keine

    Das kleine "k"
    Auch das kleine „k“, wie hier in keine ist deutlich zu unterscheiden zu unserem „k“ in der Druckschrift. Es erinnert eher an ein langes "s" oder ein "f", unterscheidet sich jedoch durch den Haken im oberen Bereich.


    Gesteins  deshalb

    Die beiden Formen des „s“

    In Frakturschriften gibt es zwei kleine „s“, siehe Abbildung 3. Das erste „s“ aus Gesteins kann niemals am Ende eines Wortes oder einer Silbe stehen. Das „s“, das unserem heutigem „s“ aus der Druckschrift ähnelt, steht daher folgerichtig ausschließlich wie im Wort Gesteins am Wortende oder wie im Wort deshalb am Ende einer Silbe.



    regelmäßige

    Das "sz"
    In der deutschen Sprache gibt es das „ß“. Es wird „sz“ ausgesprochen und in den Frakturschriften ist es ein langes „s“ und ein „z“ sehr dicht beieinander geschrieben. Es ergibt den neuen Buchstaben „ß“, hier zu sehen im Wort regelmäßige. Solche Wortverbünde nennt man Ligaturen.


    Sonnensystems

    Das „y“
    Auch das Ypsilon sieht in Frakturschriften anders aus und lässt sich leicht mit einem langgezogenem „n“ verwechseln wie im Wort Sonnensystems.


    Ligaturen der Frakturschrift

    Ligaturen
    In Frakturschriften gibt es zusammengehörige Buchstaben, die sogenannten Ligaturen. In Abbildung 4 zu sehen sind „ch“, „ck“, „ss“, „sz“, „sch“, „sp“, „st“, „th“ und „tz“. Das „sz“ haben wir bereits kennengelernt. Die Ligaturen sind vor allem im Buchdruck eigene Buchstaben (Doppelbuchstaben oder Buchstabenverbund). Da sie so dicht aneinander gedruckt wurden, gab es in Frakturen eine deutlichere Buchstabenzusammengehörigkeit als es sie heute in der Druckschrift gibt. Es war viel eindeutiger an welcher Stelle ein Wort getrennt werden konnte.


    b) Die Großbuchstaben


    Abnahme

    Das „A“
    Das große „A“ ist leicht verwechselbar mit dem großen „U“. Es unterscheidet sich insbesondere durch die eng aneinander liegenden oberen Striche und den ausgeprägten "Elefantenrüssel".

    Existenz



    Das „E“ und das „F“

    Das große „E“ sieht auf den ersten Blick aus wie ein verziertes „F“, erst im Vergleich mit dem wirklichen „F“ sieht man den deutlichen Unterschied und erkennt das „E“ in Existenz und das „F“ in Fortschritt.

    Grenzen  Hier
    Das „G“ und das „H“
    Bei den Großbuchstaben „G“ und „H“ in Frakturschrift gibt es ein ähnliches Problem wie bei „E“ und „F“. Wieder sieht das „G“ aus wie ein verschnörkeltes „H“. Im Vergleich zum „H“ in Hier wird deutlich es handelt sich um das Wort Grenzen und somit um ein „G“.

    Immer  Jedoch
    Das „I“ und das „J“
    Die Großbuchstaben „I“ und „J“ werden in Frakturschriften gleich geschrieben, wie in den Worten Immer und Jedoch. In manchen Varianten der Fraktur wird das „J“ nach unten gezogen und wird dadurch länger als das „I“.

    Stadien
    Das „S“
    Auch beim „S“ musst Du genau hinschauen. Es erinnert nur entfernt an unser modernes „S“ aus der Druckschrift und lässt sich schnell mit einem "G" verwechseln.

    Vorgang  Welt
    Das „V“ und das „W“
    Das „V“ und das „W“, wie in den Worten Vorgang und Welt, sind in Frakturschriften oben geschlossen und sind dadurch im Vergleich zu unseren Druckschrift-"V" und -"W" schlechter zu erkennen.

    Zeiten
    Das „Z“
    Der Großbuchstabe „Z“ ähnelt in Frakturschrift einer 3 mit dem berühmten „Elefantenrüssel“ am unteren Ende - wie hier im Wort Zeiten.


    (Alle Screenshots der Wörter in Frakturschrift sind online unter: DFG-Viewer: Die Entstehung der ErdeTafel: Sonnenfinsternis auf dem Monde [...]InhaltTextTafel: Mars, von seinem ersten [...] zu finden)




  • An dieser Stelle findest du einige Selbstlernmaterialien wie Du beispielsweise Frakturschrift selbst schreiben lernst, einige Leseübungen und weitere Videos, die Dir die Frakturschrift näherbringen.

     

    Videos zur Fraktur:

    Deutsche Schrift (Fraktur Tutorial) - YouTube

     Fraktur lesen (how to read German scrip Fraktur) - YouTube

     How to read Frakturschrift (englisch-deutsch) - YouTube

     

    Allgemeine Infos:

    Fraktur | Deutsche Schrift (Schriftklassifikation) (typolexikon.de)

    Anleitung zum deutschen Fraktursatz (sanskritweb.net)

    Willkommen beim BfdS - Bund für deutsche Schrift und Sprache

     

    Schriftgenerator und Fraktur-Fonds zum Downloaden:

    ᐅ Schriftgenerator [Fraktur] ᐅ Altdeutsche Schrift (schrift-generator.com)

    Frakturschrift: Besondere Hingucker zum kostenlosen Download (onlineprinters.de)

     

    Fraktur lesen:

    https://www.kurrent-lernen-muecke.de/pdf/Die%20Buergschaft.pdf

    E-Books in Fraktur: https://www.gawl.de/Konzept.html

     

    Auch in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek findest Du einiges an Literatur, die Dir die Frakturschrift näherbringen kann.

    Eine kleine Auswahl:

    • Kiewel, Albert; Dietrich, Eberhard; Stölting, Inghild: Wir lesen deutsche Schrift: Ein Arbeitsbuch zum selbständigen Lesenlernen der deutschen Schrift, Kallmeyer, Wolfenbüttel, 1983
    • Schalansky, Judith: Fraktur mon Amour, Verlag Hermann Schmidt, Mainz, 2006.
    • Kolk, Dieter: Die Fraktur im 20. Jahrhundert: ein Ueberblick, Seesen, 2020
    • Kolk, Dieter: Die Fraktur: Gestalt und Geschichte, Eigenverlag von Rolf Käser, 2019
    • Kapr, Albert: Fraktur. Form und Geschichte der gebrochenen Schriften, Verlag Hermann Schmidt, Mainz, 1993
    • Die deutsche Schrift : Vierteljahrshefte zur Förderung der deutschen Sprache und Schrift / Hrsg.: Bund für Deutsche Schrift und Sprache e.V.

    Eine weitere Idee wie du Frakturschrift lesen lernen kannst, ist mit digitalisierten Büchern, die mit OCR (Optical Character Recognition) bearbeitet wurden. Im DFG-Viewer lässt sich das digitalisierte Werk in Frakturschrift mit der Transkription in Antiqua nebeneinander anschauen. So kannst Du Dir bei Unsicherheiten und einzelnen Worten, die sich nicht lesen lassen, Unterstützung suchen. Als Beispiel: Meyer, Max Wilhelm (1907): Die Entstehung der Erde, ein Digitalisat der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. 

    Screenshot des DFG-Viewers


  • Teste doch mal dein Wissen, was Du Dir in diesem Kurs angeeignet hast und mache das Kahoot-Quiz zu Frakturschriften:



    Viel Spaß und Erfolg!!
  • Möglichkeit zur Nachnutzung des Kurses nach CC-Lizenz (CC-BY-SA 4.0):

    CC-BY SA  Urheberin: Merle Hildebrandt